(veröffentlicht im Zuchtkatalog des AZVD 2002 / 2003)

 

Geschichte: Alpakafaser zählt zu den wertvollsten Naturfasern, die es auf der Welt gibt. Alpakas sind von den Vorfahren der Incas vor mehreren 1000 Jahren aus dem Vicunca heraus domestiziert worden, dem feinsten Fasertier der Welt.

Vorrangiges Zuchtziel bei den Incas war es, die Qualität und die Quantität der Alpakafaser zu verbessern. Die Incas haben gewaltige Zuchtfortschritte erzielt, wenn man sich vor Augen hält, dass das einfarbige Vicuna, das wildlebend noch heute alle zwei Jahre eingefangen und geschoren wird, nur ca. 200 – 300 g Vliesgewicht pro Schur bringt, während Alpakas bis zu 6 kg Vlies pro Jahr produzieren können. Weitere gewaltige Zuchterfolge sind es, von einem einfarbigen Tier eine derartige Fülle von Farben zu züchten sowie den Deckhaaranteil beim Alpaka bei Spitzentieren auf unter 1 % aller Fasern zu bringen.

Ein homogenes, feines Vlies mit möglichst wenigen Deckhaaren in einer möglichst großen Dichte und in einer Einfarbigkeit der Alpakafaser war bei den Incas erwünscht. Die spanischen Eroberer berichten davon, dass die damaligen Alpakas, welche nur im Besitz der Kirche, dem Incaherrscher und von Adligen waren, von Zuchtwarten betreut und in großen Farbherden, topografisch voneinander getrennt gehalten wurden.

Alpakafaser

Feinheit: Neben „crimp“ (Kräuselung der Faser) beim Huacaya und „Curl“ (Lockenbildung) beim Suri ist die Feinheit ein wesentliches Zuchtziel bei beiden Alpakarassen. Faserfeinheit ist der Durchmesser der Faser, gemessen in Mikron. Ein Mikron ist ein Millionstel von einem Meter oder ein Tausendstel Millimeter. Um einen Mikrontest bei einem Alpaka zu erhalten, nimmt man ein Haarbüschel von ca. 5 cm Durchmesser von der Mitte der Hauptdecke des Alpakas (ca. 15 cm unter der Rückenlinie). Diesen Haarbüschel schneidet man so dicht an der Haut wie möglich ab und schickt es an ein qualifiziertes Testlabor. Moderne Laserscannertechnik gewährt akkurate Ergebnisse der Mikronmessung. Man erhält ein Faserhistogramm und kann so die Faserqualität seines Alpakas besser einschätzen.

Faserhistogramm: Die vier wichtigsten Größen des Faserhistogramms sind durchschnittliche Feinheit, mittlere Abweichung, der Koeffizient der Variation sowie der Anteil der Haare über 30 micron in %. Die durchschnittliche Feinheit drückt in Mikron den Durchschnittswert der ca. 2000 einzelnen Haare der Faserprobe aus. Die mittlere Abweichung zeigt an, wie groß die Abweichung in der Faserprobe ist, ausgehend vom Durchschnitt. Der Koeffizient der Abweichung wird ermittelt, indem die mittlere Abweichung durch die durchschnittliche Feinheit geteilt wird und dann mit 100 multipliziert wird. So entsteht ein Faktor der Abweichung in Prozent. Je niedriger die mittlere Abweichung und der Koeffizient der Variation, desto gleichmäßiger ist die Faser und desto niedriger ist der Kratzfaktor. Es gibt eine Reihe von Interpretationen über die Feinheit. Jedoch kann man verallgemeinern, dass Alpakafaser unter 20 mikron außergewöhnlich gut ist, während alles über 30 mikron als sehr grob gilt. Faserqualität wird in erster Linie durch genetische Einflüsse bestimmt, kann jedoch auch durch das Alter, die Ernährung, Krankheit und Stress beeinflusst werden.

Qualitätsstufen: Die Faser der Alpakas kann zwischen 13 und 30 mikron betragen. Auch Werte über 30 mikron können vorkommen. Die Faserindustrie in Peru unterscheidet zwischen 5 Feinheitsstufen der Alpakafaser:

Royal: unter 19 micron

Baby Alpaca: zw. 19 und 21,9 micron

Superfine: 22 – 24,9 micron

Fine: 25 – 27,9

Alpaca: 28 – 30

Textilien aus Fasern über 30 micron werden unter dem Label “huarizo” (Kreuzung zw. Lama und Alpaka) verkauft.

Eigenschaften und Vorzüge der Alpakafaser

  • Alpakafaser ist wertvoll, weil es viele positive kommerziell wünschenswerte Attribute in einer einzigen Faser vereint. Es gibt praktisch keine negativen Charakteristiken, die man beim Alpakavlies findet. Mutter Natur hat die ideale Faser entwickelt und dann auf das sanftmütige Alpaka plaziert. Der Spanier Bernabe Cobo sprach über die Alpakafaser in seinem Buch History of the New World (1653): „Alpaca, un cálido don de Dios a los Hombres" (Alpaka, ein Geschenk der Wärme von Gott an den Menschen).
  • Alpakas produzieren eine feine Faser, die sich durch die Abwesenheit von Deckhaaren in ihrer Hauptdecke auszeichnet.
  • Alpakaprodukte sind weich, geschmeidig und fühlen sich angenehm an. Die Zellenstruktur der Faser ermöglicht eine Weichheit, unerreicht von den meisten Luxusnaturfasern. Warum ist Alpaka so weich? Warum fühlt sich Alpakawolle mit 26 micron weicher an als Schafwolle mit 26 micron und warum fühlen sich feinere Alpakagrade an wie Cashmere? Das liegt an der Höhe der Schuppen (Ein Haar besteht aus versch. Schuppen, die ineinandergreifen, da, wo der Übergang ist zu einer anderen Schuppe, entsteht ein Absatz, das wird als Höhe der Schuppe bezeichnet). Die Höhe der Schuppen beim Alpaka beträgt nur 0,4 Mikron, während sie bei Schafwolle 0,8 beträgt). Dadurch fühlt sich Alpaka weicher an.
  • Alpaka findet man in 22 verschiedenen Farben. Kein anderes Fasertier der Welt hat annähernd so viele versch. Farben und Farbschattierungen. Man unterscheidet bis zu 60 Farbschattierungen. Die Faser kann auch einfach gemischt werden, um einen Fächer von natürlichen Farben zu erzeugen.
  • Die Faser der Alpakas ist ungewöhnlich stark und widerstandsfähig. Die Stärke der Faser wird nicht weniger, wenn sie dünner wird, so dass sie sich ideal für industrielle Verarbeitung eignet.
  • Dadurch, dass das Alpaka in großen Höhen gehalten worden ist, in eisiger Kälte, hat das Alpaka mehr thermische Kapazität entwickelt als fast alle anderen Tiere der Welt. Die Faser enthält mikroskopisch kleine Lufttaschen, welche leichte Kleidungsstücke mit hohen Isolierungwerten schaffen können. Die Faser fungiert wie eine Klimaanlage, sie wärmt bei Kälte und kann auch Wärme ableiten (man schwitzt nicht so leicht wie bei anderen Fasern oder bei Kunstprodukten; es gibt keinen Hitzestau).
  • Alpaka kann einfach mit jeder beliebigen Farbe gefärbt werden und erhält immer seinen natürlichen Glanz. Der reiche Glanz verleiht Kleidungsstücken, die aus 100% Alpaka gemacht sind, einen hohen visuellen Reiz. Speziell die Surifaser zeichnet sich durch ihren hohen Glanz aus. Neben der Surifaser gibt es keine Naturfaser, die einen ähnlich intensiven Glanz aufweisen kann.
  • Alpaka ist kompatibel mit sog. worsted (Kammgarn) und woolen Manufaktursystemen. Stoffe, die aus Alpaka hergestellt werden, bewegen sich von Tweeds bis zu feiner Gabardine (feiner Wollstoff). Die Huacayafaser läßt sich auch besonders gut von Hand verspinnen.
  • Menschen, welche Alpakapullover besitzen, werden merken, dass sie sehr lange halten. Alpaka reißt nicht leicht, kann nicht leicht verunreinigt werden und neigt nicht zu statischer Elektrizität. Es kann einfach gereinigt werden.
  • Alpakavliese produzieren einen hohen Ertrag an sauberer Wollfaser nach dem Verarbeiten: 87 bis 95 % der geschorenen Rohwolle kann beim Alpakaedelhaar verwendet werden, gegenüber 43 bis 76 % bei Schafswolle.
  • Alpaka kann einfacher verarbeitet werden und ist günstiger in der Verarbeitung als Schafwolle, wegen des geringeren Fettanteils oder Lanolins, und Alpaka braucht nicht enthaart zu werden wie Cashmere, Kamel, Guanaco oder Vicuna.
  • Alpaka kann gereinigt werden, ohne dafür teure Chemikalien zu verwenden und bietet sich dafür geradezu für die organische Kleidung ohne Chemikalien an.
  • Was ist bei Alpaka noch besonders? Alpaka ist rar. Wie rar ist Alpaka? Um einmal die Menge von Tierhaaren am gesamten Faseraufkommen in der Textilindustrie in Relation zu stellen, so beträgt er nur 3%! Von diesen 3%, insgesamt ca. 5 Millionen Tonnen pro Jahr (Weltproduktion), sind nur 5.000 Tonnen Alpaka, also ein Tausendstel. Wiederum ein Bruchteil davon ist der feinere Anteil der Faser. Das heißt, dass wirklich hochwertige Alpakafaser tatsächlich sehr rar ist.


Ausblick: Alpaka wird auch als die Faser der Zukunft bezeichnet. Die Nachfrage nach der ökologischen und Edelfaser und den Endprodukten aus Alpakahaar ist groß, das Angebot jedoch aufgrund des relativ kleinen Alpakabestandes nur gering. Hinzu kommt, dass der Anteil der Faser mit Babyalpakaqualität und feiner heute recht klein ist. Gerade die Faserqualität lässt sich jedoch durch Zucht sehr effektiv und schnell verbessern. Damit sieht auch die Zucht von Alpakas weltweit einer großen Zukunft entgegen.